12. Verhandlungstag: Freitag, 01.08.2014

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Zeugin Karin U., 47 Jahre, Sozialpädagogin, Unterschenkelverletzung

Protokoll von FrauFoo

Tweets von fraufoo

Zwölfter Verhandlungstag im Wasserwerferprozess. Zeugin heute: 47-jährige Sozialpädagogin, Arbeit u.a. Gewaltprävention bei Schülern.

Richterin weist Zeugin wieder aufgrund der Vernehmungsprotokolle daraufhin, dass sie keine Angaben machen muss, die sie belastet

Richterin erwähnt auch, dass gegen Zeugin mal ermittelt wurde [Kommentar: es hörte sich an aufgrund der Vorgänge am 30.9.]

Zeugin kannte von ihrer Arbeit her viele SchülerInnen und das war der Grund, warum sie um 11 Uhr in Park ging nach Alarm SMS

Sie hat den Gitterwagen gesehen, drum herum viele SchülerInnen, viele Senioren. Es waren viele ältere Menschen dort,

die eigentlich auf dem Weg zum Wochenmarkt waren. Als sie gehört haben , was los war, sind sie in den Park um Bäume zu schützen

"Um den Gitterwagen herum waren großzügig verteilt viele Polizisten. Man konnte zu dem Zeitpunkt ein Schwätzchen halten."

Polizist fragte: "was macht ihr hier? Wir haben schon gehört, dass ihr euch so aufregt, aber ist doch toll so ein neuer Bahnhof"

"Es kam mir so vor, als wüssten sie nicht viel von dem Thema. Sie hatten kaum einen Plan."

"nur Schüler kletterten auf den Gitterwagen. Sie wurden nicht daran gehindert. Man hat sie gewähren lassen. Hat mich gewundert"

"Obwohl ausreichend Polizei in der Nähe war, hat man die Schüler gewähren lassen. Das hätte gar nicht passieren müssen"

"Polizei formierte sich in einer Reihe vor Gitterwagen. Sie räumten Gitterwagen. Sie waren mit Helm und Jacke (?) ausgerüstet"

"Ich sah erhobene Schlagstöcke. Hinten sah man Wasserwerfer in Stellung fahren. Polizei hat LKW umstellt, haben uns weggedrückt"

"nachdem klar war, dass es doch scheinbar Art Plan gab, fingen Schüler und ältere Herrschaften an sich vor Gitterwagen zu setzen"

"Mich hat eine ältere Dame angesprochen: "Kommen Sie mit, wir müssen uns dazu setzen!""

"Ich sah die schwächeren Glieder, Schüler und Ältere. Ich hielt es in dem Moment für meine Bürgerpflicht mich dazu zusetzen."

"große Anzahl von Presse, die vor uns und um uns herum stand. Sie haben sich nach hinten verzogen als Polizei mit Aufgebot kam"

Polizist: "entweder sie stehen jetzt auf oder wir müssen Gewalt anwenden um sie zu räumen" "Ich und andere sind dann gegangen"

"Ich wollte weiterhin sehen was los ist. Es war klar, dass es eine nasse Angelegenheit werden konnte, meine Jacke angezogen"

"Mir war die klar es ist ernste Lage. Wasserwerfer und die Polizei sah auch angsteinflössend aus"

"Ich stand am Nadelöhr [zw. Feldherrenhügel und Biergarten] Ich war dann doch so nah dran, dass Plane über mich gezogen wurde"

"ziemlich schnell nicht nur Wasserregen, sondern Wasserstrahl. Unter Plane war klar, dass Strahl direkt auf Plane abgegeben wird"

"Ich und andere wurden am Kopf getroffen. Unter der Plane wurde auch gehustet. Es musste dem Wasser etwas beigemischt sein"

"Plane ist schnell zerfetzt. Ich was sehr nass. Meine Tasche war nass. Da war literweise Wasser drin, Handy, Geldbeutel schwamm"

"Da standen wir dann ohne Plane, freie Sicht auf Polizeikette direkt vor uns. Ansage, wurden direkt rausgeführt, Richtung Bahnhof"

"Das hab ich nicht verstanden. Da hat der Plan gefehlt. Von dort konnte ich nicht weg. Ich hatte die Orientierung verloren."

"Ich war eingschüchtert. Traumatisiert, wie andere auch die herumirrten und weg wollten aus der Situation."

"Ich suchte in meiner Orientierungslosigkeit den Weg. War klatschnass. Wollte Richtung Klettpassage, zur Bahn, heim zu Kindern"

"Ich suchte mir einen Weg am Fuss des Feldherrenhügels, quälte mich durch Menschen und Bierbänke, die rumlagen"

"Was um mich herum geschah, konnte ich nicht mehr erfassen. Während ich herumirrte, wurde ich mehrmals vom Wasserwerfer getroffen"

"Ich landete wieder unter eine Plane. Wollte raus. Landete direkt vor Polizei, vor Wasserwerfer. Wieder unter Plane. Nach hinten raus."

"Ich hab versucht herauszukommen (zur Klett-Passage) War wie Andere auf der Flucht. Ich stand vor Absperrungen, geschützt von Polizei"

"Es gab kein Fluchtweg. Weil ich mir wie Stück Vieh vorkam,stand ich mit erhobenen Armen vor Absperrung. Rücken zum Wasserwerfer"

"Von hinten hat mich da sehr harter Wasserstrahl an Wade und Kniekehle getroffen. Hab Panik bekommen, wie weit geht das jetzt?"

"Der Wasserstahl war sehr schmerzhaft und vorsätzlich."

"Irgendwann hab ich begriffen, ich muss nicht Richtung Bahnhof, sondern durch Biergarten raus"

"Kriegsähnlicher Zustand. Überall Leute, die bluteten, sich die Augen rieben. Lagen. Ich war in schockähnlichem Zustand"

"irgendwann kam ich an Versorgungsstand vorbei. Jemand hat mir trockene Kleider angetboten. Ich bin dann heim gefahren"

[das heute war besonders erschütternd - in dem Bericht der Zeugin war die Panik spürbar. Sie wollte da raus und kam nicht raus]

Nachdem die Zeugin am Stück ihre Erlebnisse im Schlossgarten geschildert hatte, fragte Richterin mehrfach klärernd nach,

hielt Zeugin Auszüge aus Vernehmungsprotokoll von 2010 vor, Missverständnisse zu klären, welche Sequenz wann wie wo passierte

"da war tatsächlich dieses Nadelöhr. Auf der einen Seite Absperrgitter, auf der anderen Seite Biergarten voller Menschen"

"in der Mitte dieses Geschehen. Menschen, Bierbänke, Sonnenschirme. Ich musste da durch in meinem desolatem Zustand"

Richterin fragt nach wegen Treffern am Kopf, da Zeugin diese nicht bei Vernehmung angegeben hatte.

Zeugin beschreibt, dass seltsamerweise die Treffer am Kopf erst gar nicht wahrgenommen. Sehr traumatisierendes Erlebnis

Zeugin redet von der Grauzone psychischen und seelsichen Verletzung. Sie hatte Kopfweh, dachte erst nicht an Treffer am Kopf.

"Ich hatte heftige, sichtbare Hämatome. An beiden Waden Esstellergrosse Hämatome. Noch wochenlang unterschiedliche Farben"

"Ich hatte Schmerzen, ~ vier Wochen bis alles abgeschwollen war, ~ zwei Wochen heftige Schmerzen"

"Ich war in psychisch desolatem Zustand hinterher. Wenn man traumatisiert ist, sich pflegen und um offensichtl Verletzung kümmern"

"Ich bin dann erst montags zur Ärztin und zur Polizei, um Anzeige zu erstatten. Als ich wieder psychisch hergestellt war"

"Zur Polizei, Anklage, um anzuzeigen, dass in unserer demokratischen Gesellschaft mit Bürgern so nicht umgegangen werden darf"

Frage, wann Zeugin die Treffer am Kopf realisiert hat. "Zu sagen, dass ich traumatisiert bin, war ein langer Prozess"

"Ich kann im Kino im Inneren nicht mehr sitzen. Bekomme Panikattacken. Ich fürchte Menschenmengen"

Zeugin beschreibt die Situation unter der ersten Plane "konkrete Erinnerung an Kopftreffer unter dieser Plane"

"der Wunsch die Plane mit Fingern hochzudrücken, um Kopf zu schützen, jedoch Druck zu hoch und Gefahr, dass Fingerknöchel brechen"

"unter der zweiten Plane ging es mir nicht mehr ums Demonstrieren, sondern ich wollte nur irgendwie raus"

Staatsanwalt fragt nach wegen Treffer an Wade, warum 'vorsätzlich?' Zeugin: "Ich wurde gezielt getroffen."

"Ich war sehr auffällig gekleidet. Ich war in keiner Menschentraube. Deutlich zu sehen mit erhobenen Händen. Mit Rücken zum Wasserwerfer"

"Direkt vor Polizeigitter. Wenn hinter mir Menschen gewesen wären, wäre ich nicht an meinen Waden getroffen worden"

"Treffer kam, als ich auf der Flucht war und mit erhobenen Händen da stand."

"Ich hatte versucht mir Weg durch herumliegende Biertische zu bahnen. Da gab es Leute, die den Verletzten herausgeholfen habn"

Staatsanwalt fragt wegen: 'Leute bluteten? Wo? Wieviele?" Zeugin: "Es muss an Köpfen gewesen sein, Rest war mit Kleidung bedeckt"

Im Prozess kamen viele Fragen zu den Treffern am Kopf, wann sie sie realisierte, wann sie mit Anwältin, Ärztin drüber sprach.

Auch viele Fragen zu den Sequenzen. Das wird zu kompliziert alles wiederzugeben. Sie wurde jedenfalls ganz schön in die Enge gedrängt

z.B. wurde ihr ein Video von Verteidigung vorgehalten, von weiter weg, Richtung Cafe Nil. Warum sie nicht einfach dort hin ging?

Es kam dann ein langes Video aus der Wasserwerferkabine - ab 13.20 Uhr. Der Wasserwerfer fuhr langsam Richtung Biergarten, da war der Baum

Wasserwerfer wollte erst links vorbei, merkte, es geht nicht, hat zurückgesetzt, dann Richtung rechte Seite vom Baum.

Das Video war recht lang. Aufgrund auffälligen Kleidung der Zeugin konnte man sehen wie sie abgeführt wurde Richtung Fuss des Hügels,

wie sie später unter der Plane direkt vor Wasserwerfer wieder auftauchte, umdrehte, darunter wieder verschwand.

Wie sie später hinten an Absperrung mit erhobenen Händern stand.

Durch die relativ hohe Perspektive aus dem Wasserwerfer sah man die verschiedenen Polizeiketten und die Menschenmenge im Park.

Ein Journalist vor mir im Saal schüttelte nur mit dem Kopf als er die dichtgedrängte Menschenmasse sah. Es waren Tausende.

Man sah sehr gut, wie Polizei Leute rauszog und zum Fuss des Feldherrenhügels führte, von dem sie nicht wegkamen.

Man sah die gezielten Wasserstösse auf die nur wenige Meter vor dem Wasserwerfer stehenden Menschen, auf Planen, unter Planen

Frage von @bckaemper
@FrauFoo (? die Polizei riegelte Weg hinterm Biergarten doch ab, Cafe Nil war hinter den Linien, da kam man gar nicht ohne. weiteres hin, mEn)

.@bckaemper Zeugin sagte, dass sie die Situation nicht kennt. Es war große freie Wiese. Sah sehr friedlich aus. Vorne Wasserwerfer, daneben Polizei

es folgen noch ein paar Kommentare aus der Wasserwerferkabine. Das Hauptproblem der Crew? Das Wasser neigte sich dem Ende zu :[

"Druck macha! Bissle tiefer. Wasser marsch! Wir haben bald kein Wasser mehr. Sporadische Wasserstösse. Ganz links. Ganz rechts"

"Wenn Wasser massiv steht, nach vorn fahren. links blinka, rechts fahra. Noch a bissle neihalte auf Plane. Oh ja!"

"Sporadisch. ohne Kollega zu verletza. Wasser Marsch! Wasser spara! Am Baum vorbei. A bissle links nei. Sporadisch."

"Da musch aufpassa. Neifahra. Links um da Baum numm. Da kommet wir net durch. Besser rechts am Baum vorbei. "

"Der andere [Wasserwerfer] isch voller. Wir müssen da durch [dicht gedrängte Menschenmenge sichtbar] Da vor Polizei nei "

"Wir müssa rechts am Baum vorbei. Links isch zu niedrig. Rückwärts. schräg [Irgendwas mit Pulk] "

"Funkspruch: wegen niedriger Wasseermenge müssen wir raus. Von Feuerwehr Leitung (?) Koi Chance."

"Wenn Polizeikette steht, Schlauch. Auftanken. I muss Wasser spara! Ihr könnt. Bloss no 2000 liter. I muss ja erscht naus fahra"

"Langsam runter. Wassersperre [man sieht einzige Wasserwand] Weiterhin. Vor und zuück [Wasserstrahl direkt auf Plane, hin her]

Das waren nur Auszüge. Oft sprachen mehrere Leute, teilweise Funk. Teilweise nicht verständlich. Breitestes schwäbisch.

[uffz, das war soweit mein Bericht vom 12. Verhandlungstag Wasserwerferprozess. Ging unter die Haut heute.]

Oh, etwas ganz spannendes hab ich noch vergessen! Nach der Zeugenvernehmung gab es noch einiges Organisatorisches

Die Verteidigung brachte drei Anregungen. Erstens: Liste von Videodateien, die sie gerne einbringen würden. Anderer Eindruck der Situation

Zweitens: Polizeilichen Ermittlungspersonen vor Polizeizeugen aussagen zu lassen. Vermutung: Zeugen wurden Protokolle vorgehalten

Drittens: Räume Führungsstabe mit technischer Ausstattung in Augenschein (direkt oder Fotos) zu nehmen/wie man Übertragung sah

[da es zum letzten Punkt Missverstände gab, folgt jetzt eine Mischung von Tweets und Sätze einer anderen Protokollierenden]

Danach fragte Nebenklägerinanwältin an, dass zwei weitere Staatsanwälte im Schlossgarten gewesen sein sollen,

laut Aussage StA Häussler. Ob man die Namen ermitteln kann?

Daraufhin springt Staatsanwalt empört ein, dass keine weiteren Staatsanwälte (außer Häussler) im Park waren.

Richterin macht klar, wer hier im Saal das Sagen hat und dass sie hier keine Diskussionsrunden zu lässt.

Währenddessen, macht Angeklagter F. über seinem Anwalt die Aussage, dass zwei weitere Staatsanwälte im Ermittlungsabschitt 6 gewesen sind!

Darauf sagt StA Biehl, dass der Abschnitt 6 nicht im Schlosssgarten war, sondern im Polizeipräsidium saß.

Darauf Dr. Hohmann (Verteidiger von F.), dass Herr F. sagt, dass durchaus Teile des Abschnitts 6 im Schlossgarten waren.

Verhandlungstag im Wasserwerferprozess ist zu Ende. Am 25.8. geht es weiter mit Sachverständigen zum Wasserwerfer

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