3. Verhandlungstag: Dienstag, 01.07.2014

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Einlassung der Angeklagten zur Sache
30.09. ab ~ 10.30 Uhr - 11.52 Uhr

Tweets von @fraufoo

Protokoll von FrauFoo

[Vorbemerkung: für mich der erste Tag im Wasserwerfer-Prozess. Es gibt von diesem Tag nur sporadische, stichwortartige Notizen von mir, da ich zu dem Zeitpunkt nicht wusste, ob dies für mich der einzige Tag als Besucherin bleiben würde. Zu diesem Zeitpunkt war die Veröffentlichung meiner Notizen in keinerlei Weise Thema für mich. Notizen machte ich aus rein persönlichen Gründen. Meine späteren Protokolle hingegen sind wesentlich ausführlicher. Aus diesen spärlichen Notizen vom Juli Monate später ein Protokoll zu erstellen, war gelinde gesagt etwas schwierig, daher ist es leider oft unklar von wem welch Aussage kommt und in welchem genauen Zusammenhang die Aussagen gemacht wurden.

Bei der mehrtägigen Einlassung der Angeklagten zur Sache gab die Vorsitzende Richterin einen klar definierten Zeitraum vor, zu der die Angeklagten erst aussagten, gefolgt von der Befragungsrunde – Vorsitzende Richterin – Berichterstatterin – dritter Richter – Schöffen – Staatsanwaltschaft – Verteidigung - Nebenklage, gefolgt vom nächsten klar definierten Zeitraum und und der Befragung hierzu.]

kurze Einführung von Richterin Haußmann

Ungebührfolgen

„Schüler in Parkanlage eingedrungen“
chaotisch – „Protestierende müssen sich im Park erst orientieren“
Techniktross eingefahren

30.9.2010 Zeitraum ab 10.30 Uhr

Versuch der Polizei die Absperrung aufzubauen. [Personen, die] massiv störten.
„Wir konnten so nicht weitermachen. Mit einfacher körperlicher Gewalt geht das nicht“

Freigabe unmittelbarer Zwang bei Polizeiführer angefragt.
„Schlagstock als Abdrängung - nicht um direkt auf Menschen einzuwirken“. „Brauche Wasserwerfer um gegen schiere Masse an Menschen überhaupt eine Chance zu haben.“

Schlagstock und Pfeffer sind laut Polizeigesetz Waffen. Ein Wasserwerfer ist ein Hilfsmittel der körperlichen Gewalt.

Freigabe unmittelbarer Zwang kam unmittelbar nach der Funkanfrage.

„Marschkommando Süd war da. Marschkommando Nord [die bayrischen Kräfte] irrten umher“

Es gab kritische Bäume im Park, die schwer zu räumen waren.
[?] Ereignisse in Gang gesetzt – wir waren daher gezwungen zur Unterstützung von Kräften.
10.17 Uhr: Zivile Kräfte im Park
kurz nach halb elf: Marschkommando Süd

Ausrüstung standardmäßig:
- petrolfarbener Anzug bei BFE (Beweis- und Festnahmeeinheit)
- grün Standard bei BP (Bundespolizei/Bundesbereitschaftspolizei)
- alles dabei, Helm dabei, nicht aufgesetzt
- Schusswaffe
- Schlagstock
- Pfefferspray - jeder kleine Pfefferspraydose, großes Pfefferspray vereinzelte Personen in Hundertschaft
- Helm
- Körperschutzausstattung

Auf die Frage der Vorsitzenden Richterin „Wann wurde Ihnen klar: Bayrische Gruppe kommt nicht?“ antwortet einer der Angeklagten: „erst im Park, als niemand da war.“

Technikkonvoi stoppte wegen vielen Menschen, konnte nicht einschätzen, daher das Stoppen. Das sind schwere Fahrzeuge – wir wollten nicht über Grünfläche rangieren.

Vier Gitterfahrzeuge waren am Anfang [des Konvois], Konvoi sollte durchfahren und dort halten, wo sie gebraucht werden. Vier Hundertschaften für Absperrketten. Eine Hundertschaft für Räumung der Störerlager – Absperrlinie der Gitter.

Vorsitzende Richterin fasst zusammen: 'Hundertschaft für Absperrung hier, für Räumen, da Technikkonvoi. Wie sollte das funktionieren?'
Einer der Angeklagten führt aus: die Hundertschaft für Räumung der Störer wurde umdisponiert für Räumung des Technikkonvoi.

Kräfte aus Bayern war gegen 11 Uhr da. Nach 11.53 Uhr Freigabe [unmittelbarer Zwang] Die Polizeikette war nicht geschlossen, keine durchgehende Absperrlinie, es kam nicht zum Lückenschluss.

~ 1 Meter pro Person. Bei 475m sind das 4 Hundertschaften. Der Ansatz war zu knapp.
"wie dicht man eine Polizeikette stellt, hängt auch vom Gegenüber ab. Man hätte Schulter an Schulter stehen müssen."

Es waren zu viele Menschen im Park um durchzufahren.

Zeitraum 11 Uhr bis 11.53 Uhr

Gefragt nach der Entwicklung und wie viele Leute im Park waren antwortet einer der Angeklagten: Stimmung war aufgeheizt. Unheimlicher Lärm. Es war nicht möglich Personen durch bloßes Ansprechen von der Strasse zu entfernen.

Blockade war eine Sitzblockade vor Technikkonvoi, schnell anwachsend, über Hundert [Personen] Der gesamte Raum füllte sich auf, mehrere Hundert Menschen insgesamt.

Wegtragen führte nicht zum Ziel. Um 100 wegzutragen braucht man 200 Beamte. Größenordnung um mehrere Hundert Personen wegzutragen war nicht machbar aus Personalmangel. Beseitigungsgewahrsam ist nicht erfolgt. „Die Gesamtorganisation ist mit der Personenzahl nicht klargekommen.“

Räumkette, um Menschen nach vorne weg zu drängen, sehr statische Situation am Anfang, da zu wenig Polizei. [Plan war] durch den Einsatzraum durchzuräumen, um auch Seiten begrenzen, Schritt für Schritt. „Wir haben, wo es möglich war, nicht in den eigenen Einsatzraum geräumt“

Gefragt welche Unterlagen die Einsatzkräfte hatten, antwortet einer der Angeklagten, dass die bayrischen Einsatzkräfte anfangen sollten „zu gittern“

[Es gab] Kommunikationslisten, Gitterplan. Gitterplannetz – unterschiedliche Gitternetze. Gittermassnahmen. Vormittags wurden die [aktuellsten] Pläne ausgeteilt. Kräfte, die später kamen wurden Pläne [am Tag zuvor] zugesandt, daher unterschiedliche Versionen.

Der Plan war
14 Uhr: weitere 4 Hundertschaften
17 Uhr: weitere 1 Hundertschaft

Gegenstand der Besprechung war die tatsächliche Lage.

Gefragt nach dem Führungsstab und wo Herr Stumpf war antwortet einer der Angeklagten: „weiß ich nicht. Ich hoffe im Führungsstab.“

Einsatzabschnitt Verkehr, Einsatzabschnitt Aufklärung, BeDo Kräfte (Beweis und Dokumentation)
Diese Videoübertragung [direkt an dem Führungsstab wohl im Polizeipräsisium] gab es zu jedem Einsatz zu S21

'graphischer Befehl'. Es gilt: alles offen über Funk abzusprechen.
Oliver H. Wasserwerferstaffelführer, Martin H. – Stellvertreter Wasserwerferstaffelführer
Anrücken der Polizei aufgefordert (?), Parkschützeralarm um 10.26 Uhr

Für die Lagebewertung ist der Führungsstab zuständig. Führungsstab ist Organ des Polizeiführers, Führungsstab berät.

Einwurf (von ?) : „Diese Führungspositionen betonen Sie immer wieder. Man kann ja nicht alles nach oben schieben.“

29.9. keine Vertretungsperson vom Rettungsdienst zugegen. Zu diesem Zeitpunkt war Antikonfliktteam nicht eingeplant.

Gespräch mit Landtagsabgeordneten Kretschmann und Wölfle
Einwurf Rechtsanwältin Röder: „Häussler?“

Funkspruch 10.14 Uhr: Marsch...(?) des Baumtrupps
Funkspruch 10.43 Uhr (?)

„Für mich war nicht klar wie Absprache mit Führungsstab war.“ Führungsstab im Polizeipräsidium, Polizeiführer ist in der Verantwortung für Einsatz.

Thema 12 Uhr Pressekonferenz. Auf die Frage "Haben sie schon einmal erlebt, dass noch während des Großeinsatzes eine Pressekonferenz mit Polizeiführer stattfindet?" antwortet einer der Angeklagten mit "Nein". Beiden außer am 30.9. nichts bekannt „das kann ich so bestätigen“

Eine halbe BFE (Beweis-und Festnahme Einheit,~ 50 Beamte) war in zivil im Park, um zu verhindern, dass Leute auf Bäume klettern.

Thema Versammlungsauflösung. Versammlung – keine Auflösung seitens der Polizei.

Variante Wegtragen: 3-4 fache [Anzahl] der Festzunehmenden nötig, Massen in Gewahrsam, Einsatzabschnitt Strafaufnahmen

F.: 10.50 (?) Lagebesprechung: Lage war für uns so nicht veränderbar, Auftrag Absperrlinie zu errichten

Anfrage unmittelbarer Zwang gegen eine Menschenmenge. Demonstranten wahrgenommen wie am 1. Mai 2009 in Ulm, sehr große Anzahl Personen, die sich Polizei in Weg gestellt haben, 60 Durchsagen durchgeführt, Barrikaden, Kollegen wurden beleidigt.

Auf die Frage "War es eine gewalttätige Masse?" antwortete einer der Angeklagten: "Es war eine Menge, die zum Widerstand gegen Polizei bereit war."

'schadbare Nötigung' laut Oberstaatsanwalt Häussler

Rechtsanwalt Mann betont, Pfefferspray Einsatz unter 3m nicht zulässig bei großen Pfefferspray [Behältern]

Die Abschlusskundgebung im Schlossgarten hatte keine Auswirkung auf Führungsstab.

nächste Zeitblöcke sind:
11.53 Uhr Funkspruch bis 12.48 Uhr erste Wasserabgabe Wasserwerfer
12.48 Uhr erste Wasserabgabe – 14.30 Uhr
14.30 Uhr bis letzter Einsatz Wasserwerfer und Nachtphase

Verhandlung endet gegen 13 Uhr

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KONTEXT Artikel: Warten auf Stumpf, stundenlang
die ersten drei Verhandlungstage im Wasserwerfer-Prozess
Ausgabe 170 vom 02.07.2014 - Update 09.07.2014