14. Verhandlungstag: Mittwoch, 27.08.201

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Zeuge Oliver H., 44 Jahre, PHK, Polizei Hochschule Biberach,
damals Staffelführer der Wasserwerferstaffel
Strafbefehl 7 Monate auf Bewährung, fünffache fahrlässige Körperverletzung im Amt

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Protokoll von Sybille Kleinicke

Rechtsbeistand von Zeuge H. ist Professor Ebel

Richterin sieht keine Veranlassung das beantragte Aussageverweigerungsrecht nach § 55 anzuerkennen. Durch den Strafbefehl (7 Monate auf Bewährung) ist der historische Ablauf des 30.09.2010 für den Zeugen abgedeckt. StA hätte nach dem Ermittlungsstand in diesem Verfahren Nachtragsanklage erheben müssen, dies ist nicht erfolgt.

Es erfolgt Rechtsmittelbelehrung
Ebel erwidert mit einem BGH Beschluss vom 18.03.2009 und legt deshalb Rechtsmittel ein.
Alle Prozessbeteiligten stützen Richterin in ihrer Entscheidung. Kammer zieht sich zur Beratung und Beschlussfassung zurück. Fortsetzung um 10:00 Uhr

10:25 Uhr Richterin verkündet den Beschluss der Kammer, wonach das Rechtsmittel zurückgewiesen wird mit der gleichen Begründung und unter Einbeziehung der Würdigung des genannten BGH Urteils aus dem Jahr 2009.

Fortsetzung der Verhandlung gegen 10:45 Uhr

Zeugenaussage PHK Oliver H.

Staffelführer Wasserwerferstaffel
Erfahrung bis dahin:
Seit 2001 in Biberach
Kommandant Wasserwerfer Ausbildung bis 03/2003
2001 Davos (mit Wassereinsatz innerhalb der Staffelführer)
2002 Genf (mit Wassereinsatz als Staffelführer)
Polizeieinsatz beim Fußball in Stuttgart (kein Wassereinsatz)
Seit 06/07.2010 Einsatzführer technische Einheit Biberach

Am 28.09. unter strengster Geheimhaltung Besprechung im Polizeipräsidium Stuttgart. Er war dort zusammen mit seinem Stellvertreter Martin H. [siehe 15. Verhandlungstag, Mittwoch, 03.09.2014]

Inhalt der Besprechung:
Auftrag für 2 Wasserwerfer, Lageeinführung, Einsatzkonzept, Klärung der Frage, ob Wasserwerfer in Schlossgarten einfahren kann. Auftrag umfasste die Objektsicherung, konkret:
Wasserwerfer sollten am abgesperrten Bereich abgestellt werden mit Besatzung, um Personal einzusparen bei der Sicherung der Gitterlinie um den zu fällenden Bereich, der am 30.09.2010 abgesperrt werden sollte.

Vor-Ort-Besichtigung am gleichen Tag, Frage nach alternativer Einfahrtmöglichkeit für Wasserwerfer wurde verneint, es gab nur die Möglichkeit über Einfahrt Café am Nil. War dann so akzeptiert.

Am 29.09. wurde die taktische Gliederung geändert, nachdem Stuttgart zwei weitere Wasserwerfer angefordert hat. Des Weiteren wurde der Auftrag erweitert, technische Gruppen zu stellen, Zeuge musste deshalb personell völlig umdisponieren und Besatzung aus Wasserwerfer abziehen und neues Personal suchen. Die Personalsuche hat dann Stellvertreter Martin H. übernommen.

Um 17:00 Uhr kam aus dem Führungsstab der Anruf, dass Einsatz auf 10:00 Uhr vorgezogen wird. Zeuge hat dann von zu Hause aus alle Beteiligten ab 06.00 Uhr des kommenden Tages in Bereitschaft versetzt.

Am 30.09.2010 mussten dann die Wasserwerfer und technische Einheit um 6:00 Uhr nach Böblingen verlegt werden. 08:30 Uhr Zielvorgabe unrealistisch mit den schweren Wasserwerfern. Er fuhr dann voraus und war selbst um 08.30 Uhr in Böblingen. Dort hat er sich um die Zusammenstellung des Techniktrosses gekümmert. Er hat die letzten 10 Minuten der Einsatzbesprechung noch mitbekommen. In diesen 10 Minuten war nichts Neues für ihn zu hören. Er wusste von Einsatzbesprechung nichts.

Wasserwerfer kamen um 08:50 Uhr an.
Kommunikationsplan [gemeint grafischer Plan – stellte sich später raus] war ohne Wasserwerfer geplant. Feuerwehr müsste Wasserversorgung im Schlossgarten sicherstellen, war nicht geregelt, keine Funkgeräte.

Wasserwerfer zu langsam, Techniktross musste im Heslacher Tunnel wieder zusammengeführt werden. Wasserwerfer 1 und 2 mit Führungsfahrzeug am Anfang des Konvoi. In Straße Am Schlossgarten eingefahren, dort erst einmal gehalten. Durch Loch im Zaun auf Feldherrenhügel Lage in Augenschein genommen. Festgestellt, dass mehr Bürger und Bürgerinnen als Polizei da waren.

Polizei planlos herum geirrt, Situation erschien ihm chaotisch. Masse an Menschen hat bereits am Biergarten Gitter-LKW blockiert.
Jugendliche in Partystimmung auf dem Gitter-LKW. Er hat Wasserwerfer 1 und 2 ca. 100m entfernt davon stehen lassen, diese wurden von den Bürgern erst einmal nicht wahrgenommen.

Lautsprecherwagen noch nicht einsatzbereit. Zeuge hat M.-B. gebeten, über Wasserwerfer-Lautsprecher Durchsage zu machen, um Gitter-LKW zu räumen. Dadurch Aufmerksamkeit auf die Wasserwerfer gefallen. Später hat M.-B. viele Durchsagen über Lautsprecherwagen gemacht.

Immer mehr Leute im Park. Räumung Gitter-LKW mit Widerstandshandlungen der Jugendlichen, deshalb Pfefferspray- und Schlagstockeinsatz geboten.

Immer mehr Leute um die Wasserwerfer herum. Eine Frau setzte sich vor Wasserwerfer 1 und es bildete sich schnell Sitzblockade vor Wasserwerfer. Er und M.-B. waren sich einig, dass sie ohne weitere Kräfte nichts ausrichten konnten. Vorhandene Kräfte mit Räumung Gitter-LKW beschäftigt.

Lage spitzte sich weiter zu, immer mehr Leute im Park. Telefonat Freigabe Unmittelbaren Zwang gegen ca. 11:45/12:00 Uhr um Gitterfahrzeuge freizubekommen.

Ab ca. 12:45/12:48 Uhr weiterer Auflauf verhindert durch Wasserregen, wenig Erfolg. Leute haben dann erst recht den Wasserwerfer blockiert, immer mehr Leute.

Dann BFE Einsatz zur Räumung der Sitzblockade vor Wasserwerfer.
Im Bereich Biergarten Massen von Leuten. Aggressionen nahmen halbstündlich zu, er vermutet wegen Pfefferspray. Stimmung schwenkte immer mehr um.

Kommandant hatte keinen Plan, wohin er eigentlich fahren musste.
Wasserwerfer 1 nach Situation im Biergarten leer (2 weitere Wasserwerfer außen Straße Am Schlossgarten). Keine Wasserversorgung, deshalb Einfahrt der Wasserwerfer 3 und 4 in Schlossgarten. Im Bereich Biergarten wurde Wasserwerfer2 vor Wasserwerfer1 gezogen.

Durchsagen wurden augenscheinlich gehört, zumindest waren die Reaktionen der Demonstranten entsprechend. Meter für Meter.
Mehrfach Wasserwerfer ausgetauscht. Ein Wasserwerfer wurde leer zur Abschreckung abgestellt, die Leute wussten ja nicht, dass er leer ist.

Hinterher hat der Zeuge erfahren, dass es Schwerverletzte gab. Um 18:00 Uhr hat er den Pressesprecher Keilbach nach Verletzten gefragt. Dieser sagte, es habe keine Schwerverletzten gegeben.
Zeuge hat dies den Wasserwerfer-Besatzungen dann so übermittelt.
Besatzungen wurden abends ausgetauscht.

Zeuge war bis 5:00 Uhr im Schlossgarten, danach im Hotel. Um 12:00 Uhr am 01.10. aus Presse erfahren, wie viele Personen tatsächlich verletzt sind. „Ich war auf einem anderen Einsatz“.
[Meinung: Er war an dieser Stelle durchaus betroffen von den Verletzungen, man konnte ihm das abkaufen]

Befragung durch Richterin
[hier habe ich nur Antworten dokumentiert]

Bei der Begehung am 28.09. mit Herrn Gall (?) war klar, dass er Staffelführer sein würde, es war auch klar, dass diese Position mit Kollegen Martin H. [Stellvertreter] geteilt werden wird. H. 12 Stunden dann H. 12 Stunden.

Gemäß PDV 122 koordiniert Staffelführer Wasserwerfereinsatz, berät Führungsstab, dokumentiert auch, er darf niemals im Wasserwerfer sein.

Kein Funk ausgehändigt bekommen, deshalb keine Funkmöglichkeit zu M.-B., deshalb persönliche Ansprache bei M.-B.. „Ich habe die Nähe zu M.-B. gesucht“.

Zeuge hatte Zusagen Wasserversorgung durch Feuerwehr und Funk. Erst im Einsatz mitbekommen, dass keine Wasserversorgung vorhanden ist durch Feuerwehr, deshalb Wasserwerfer 3 und 4 in den Park geholt.

Kommunikation über 2-Meter-Funkgeräte mit Wasserwerferstaffel(Wasserwerfer-eigen).
Funknamen: H. 30; Stellvertreter Martin H. 39; Wasserwerfer 1 bis 4

Besprechung am 28.09.2010 im Polizeipräsidium Stuttgart:
Planung gezeigt, wo Wasserwerfer positioniert werden müssen, lange Absperrlinien. PP Stuttgart plante mit 7 Einsatzhundertschaften an der Gitterlinie. H. hat dann gesagt, das seien zu wenig Einsatzkräfte, Bedenken wurden in dieser Besprechung weggewischt.

Wasserwerfer zu schwer für Wiese, mussten auf der Straße bleiben.
Zusammensetzung Wasserwerferbesatzung Planung 2 Wasserwerfer, delegiert an Kollegen Martin H. Kommandant und Beobachter sowie 6 Beamte für Werfer angefordert. Beamte besonders ausgebildet für G8 Gipfel 2008 in Kehl, Kollege Martin H. hat die Kollegen ausgesucht.
Kommandanten wurden von Zeugen ausgesucht. Alles erfahrene Kommandanten. Rainer F. z.B. sei Ausbilder.

Zeuge hat nie nachgefragt, weshalb plötzlich 4 Wasserwerfer angefordert wurden.
Auch die Vorverlegung wurde ihm gegenüber nie begründet.
Zeuge wusste von Schülerdemo nichts. Für ihn ging es um Gitterlinien stellen und sichern.

In Böblingen hat er von der von M.-B. geführte Einsatzbesprechung nur die letzten zehn Minuten mitbekommen, es gab für ihn nichts Neues.

Nach H. Erinnerung sollte 10:00 oder 11:00 Uhr losgefahren werden von Böblingen.

Zeuge saß im Fahrzeug direkt vor Wasserwerfer 1 und war vor Ort gegen 11:00 Uhr. F. und M.-B. seien da auch erst angenommen seiner Erinnerung nach, er hat sie jedenfalls etwa um diese Zeit angetroffen.

Aufgefallen war dem Zeugen, dass F. und M.-B. lediglich ihre normalen Uniformen an hatten, das sei ungewöhnlich.
Zeuge selbst hatte Einsatzanzug sowie Weste an, Barett, später Helm. Weißer Helm mit rotem Streifen hinten und zwei gelben Sternen, den er sich aus dem Wasserwerfer ausgeliehen hat.
Zeuge hat beobachtet, dass Polizeibeamten wild durcheinander sprangen. Keine geschlossene Einheiten gesehen.

Kein Gespräch mit M.-B. und F. zu diesem Zeitpunkt.
Die Räumung der Gitter-LKWs etwa gegen 12:00 Uhr/12:15 Uhr, erste Wasserabgabe um 12:48 Uhr.

Telefonat F. mitbekommen, er hat sich mit M.-B. unterhalten. Telefonat selbst hat er nicht mitgehört.

Er weiß nicht mehr, von wem er die Freigabe des Unmittelbaren Zwang erfahren habe. Er weiß es nicht mehr. Von M.-B. bekam er die Ansage „Jetzt macht sie mal nass“.

Es gab eine technische Blockade durch die Rohre und die Sitzblockade. Wassereinsatz an Kommandanten abgegeben, Ziel Sicherung bis zum Eintreffen von Einsatzkräften.

M.-B. und Zeugen war klar, dass der Schuss auch nach hinten losgehen kann, d.h. dass Zulauf von Personen erhöht sein könnte.
Dass Wasser eingesetzt werden muss war ab ca. 12:00 Uhr klar - situationsbedingt.

Der Satz „Jetzt mach sie mal nass“ war für Zeuge gleichbedeutend mit Wasserregen, um zu sehen, wie die Leute reagieren. Leute strömten jetzt vermehrt zum Wasserwerfer, Sitzblockade wurde größer.

Es gab bis zum Eintreffen der BFE keine weitere Besprechung, BFE hat Sitzblockade und Blockade durch die Rohre dann geräumt.

Einen gesonderten Auftrag hat Zeuge nicht erhalten, generell Auftrag zur Unterstützung der Polizeikräfte. Zeuge erinnert sich nicht, von wem er diesen Auftrag bekommen hat.

Am 30.09. war die Wasserwerferstaffel niemandem wirklich unterstellt. Er hielt den Kontakt zu M.-B., einfach weil M.-B. den Plan vorgestellt hatte.

Es gab ständig Besprechungen im kleineren und größeren Kreis. Zeuge hat aber keine konkrete Erinnerung an die einzelnen Besprechungen, weder an Inhalt noch mit wem diese geführt wurden.

Er kann sich nur an zwei Besprechungen erinnern:
In seiner Beraterfunktion sah er sich veranlasst F. und M.-B. darauf hinzuweisen, dass Wasserwerfer Reizstoff an Bord haben. Diese Reizstoffe müssten aber erst angeflanscht werden. Darauf sagte F. „Reizstoff in Stuttgart geht gar nicht“.
Zweite Erinnerung:
M.-B. sagte gegen 14:30 Uhr, dass er kein zweites Duisburg erleben will. Der Druck der Masse an den Gitterlinien muss verringert werden.

Ausdrücklich betont Zeuge, dass Reizstoff nicht angeschlossen wurde und deshalb auch nicht zum Einsatz kam.

Sicherungskräfte zur Begleitsicherung waren erst ab der 1. Sitzblockaderäumung für den Wasserwerfer vorhanden. Zeuge schildert, dass eine Person unter dem Wasserwerfer lag und beinahe überfahren wurde. Darauf verweigerte Zeuge die Weiterfahrt des Wasserwerfers ohne Begleitsicherung, „Ohne Begleitsicherung fahren wir keinen Meter mehr“.

Wem er das gesagt hat, ist ihm nicht mehr erinnerlich. Über Funk hat er dies den Wasserwerfer Kommandanten kommuniziert. BFE Kräfte haben dann den Wasserwerfer gesichert, mehrfacher Wechsel bei der Begleitsicherung, keine feste Zuordnung, Absprachen immer wieder neu getroffen mit Kommandanten und Einheiten.

Nach der Auftragstaktik befragt, teilte der Zeuge mit, dass Kommandant diese festgelegt habe anhand Anfragen und Situation.
Zeuge hat sich immer wieder rückversichert bei M.-B.. Er musste Wasser sparen und Wasserabgaben auf Planen hatten keinen Wert, deshalb wurde die Wassersperre eingesetzt, die weniger Wasser verbraucht als Wasserregen.

Der Auftrag war, die Kräfte bei der Räumung zu unterstützen.
Der Kommandant entscheidet über Wassereinsatz, weil er höher sitzt und besseren Überblick hat. Er ist zuständig für Wasserart und Wasserdruck. Zeuge hat bei Zielvorgabe unterstützt.

Zeuge weist zum wiederholten Mal daraufhin, dass er sich nicht mehr erinnern kann, mit wem er gesprochen hat.
Er verneint die Frage, ob M.-B. oder F. konkret Anweisungen zum Wasserdruck gegeben haben.

Man kann den Wasserdruck von außen eventuell schätzen bei völliger Stille aufgrund der Drehzahl bzw. Lautstärke der Pumpe und wenn ein Objekt getroffen wird. Drücke zwischen 2 und 8 bar sind nicht unterscheidbar, seiner Ansicht nach. Er würde sich aber auch nicht zutrauen in Einsatzsituation von außen betrachtend einen Wasserdruck zu benennen.

Es wurden an den Kommandanten von Einsatzhundertschaftsführer Wünsche zum Wassereinsatz herangetragen. Er wurde darüber aber immer informiert und hat dann mit entschieden, ob das sinnvoll ist.

Mit F. habe er ein, zwei Mal gesprochen. Mit M.-B. war er in ständigem Kontakt, im persönlichen Kontakt, weil er ja keinen Funk zur Verfügung hatte. Vom Führungsfunk hat er gar nichts mitbekommen.

Mit seinem Stellvertreter Martin H. war er zu Beginn die ganze Zeit zusammen. Als klar war, dass Wasserknappheit besteht und Wasserversorgung nicht vorhanden ist, hat sich Kollege um Wassernachschub gekümmert.

Zeuge war die ganze Zeit zwischen Feldherrenhügel und Wasserwerfer unterwegs, ständig hin- und her gerannt.

Nach Mittagspause
Richterin hält Zeugen vor, dass M.-B. bei Freigabe des Unmittelbare Zwang direkt bei Zeugen war. Zeuge kann sich nicht mehr erinnern, nach vier Jahren!

„Jetzt mach sie mal nass“ Laut M.-B. sei dies die generelle Freigabe für Wasserwerfer gewesen, um die Kräfte bei der Räumung zu unterstützen. Für Zeugen war es trotzdem wichtig, sich immer wieder mit M.-B. abzustimmen.

Es wurden mehrere Durchsagen gehört. Zeuge hat die Stimme seinem Stellvertreter Martin H. zugesprochen.

Ab 12:56 Uhr war Zeuge und den Kommandanten klar, dass es zu weiteren Wassereinsätzen kommen wird, stand außer Frage. Zeuge hat sich immer mit M.-B. abgestimmt schon allein wegen der drohenden Wasserknappheit.

Ab 13:31 Uhr war Wassersparen angezeigt, eine generelle Ansage „Du hast Wasserfreigabe“ ist dem Zeugen nicht erinnerlich.
Um 15:54 wurde von Polizeiführer M.-B. gefordert „da drin muss es Platz geben“ „massiv Wasser reinhalten“ bedeutet in diesem Fall „Viel Wasser“ nicht den Wasserdruck erhöhen.

Funkspruch um 16:31 „Polizeipräsidium schaut auf uns. Wasser sparsam einsetzen“ – nicht erinnerlich, könnte sich nur vorstellen, dass er Sorge hatte, dass Wasser ausgeht.

15:06 Uhr gab es den Plan, Sitzblockaden mit Wassersperre aufzulösen. Sogenannter Baden-Württemberger Modell. War angesichts des Gedränges nicht möglich.

[Erklärung: BW-Modell bedeutet, dass wenn Polizeikette direkt vor Wasserwerfer steht und dann Demonstranten davor drücken, die Polizeikette auf ein Zeichen schnell zur Seite weggeht und der Wasserwerfer eine Wassersperre direkt vor den Wasserwerfer setzt]

Zeuge erklärt noch einmal sämtliche Wasserabgaben des Tages:
Wasserregen, Wassersperre, Wasserstöße. Niemals gezielte Schüsse auf Personen abgegeben.

Konkrete Nachfrage, ob es eine Absprache mit M.-B. diesbezüglich gab. Zeuge sagt, er erinnert sich nicht mehr. Er habe mit M.-B. mal besprochen, dass der Wasserregen auf die Planen nichts bringt, dass man besser Wassersperren unter die Planen macht.

Jetzt werden ca. 2,5 Stunden Videos angeschaut. Man sieht den Zeugen H. immer wieder im Bild. Er hat zwar nicht den kompletten Überblick über die Lage, weil er nicht erhöht steht, jedoch hat er durchaus gesehen, ob eine Maßnahme Wirkung zeigte oder nicht.

Zeuge erklärt nochmals, dass Wasserregen dazu da ist, um die Massen in Bewegung zu setzen und den Platz zu verlassen.

Auch betont Zeuge immer wieder, dass es keinen Platz gab, um Demonstranten rauszuschicken.

Auf DVD 9 16:09-16:13 Wasserwerfer 2 kann man klar hören: „16 bar – Wasserstöße“ und „den hosch ja voll droffe“
Zeitstempel stimmten dann im Video DVD 64 ab 16:08 Uhr nicht mehr korrekt mit den vorherigen Videos überein, Richterin hat darauf hingewiesen.

Zeuge erklärte ab und an zu den Videos, z.B. dass ab 16:14 Uhr die Gitterlinie zwar stand jedoch noch verschoben werden musste über die Straße Richtung Wiese (Planetarium). Deshalb mussten die Leute von Sitzblockaden abgehalten werden, Leute versuchten dies immer wieder.

Zeuge wirft dann nochmals ein, dass er zwischen 12:00 Uhr und 18:00 Uhr viele Gespräche geführt hat, sich aber im Detail nicht daran erinnern könne bis auf die zwei Gespräche, de er bereits geschildert habe.

Um Informationen zu bekommen, musste Zeuge immer hinter M.-B. her springen.

Es sei kein Thema gewesen, dass Freigabe auf Wasserregen beschränkt war, das sei unüblich. Freigabe Wasser bedeutet generelle Freigabe, Entscheidung über Wasserart trifft Staffelführern bzw Kommandant selbständig.

Befragung durch Beisitzerin
„Mach sie mal nass“ war für den Zeugen gedankliche Kombination erst einmal mit Wasserregen anzufangen, um zu sehen, was passiert.

Wasserfreigabe bestand, er hat sich trotzdem immer wieder bei M.-B. rückversichert situationsabhängig. Die Nachfragen bei M.-B. waren unregelmäßig, erforderlich vor allem, wenn Räumungsauftrag angepasst bzw. geändert werden musste.

Absprachen zur Wasserabgabe auch deshalb, weil alle an einem Strang ziehen mussten, jeder musste wissen, welche Maßnahme kommt.

Gesamteinsatz-Tagebuch wurde von Zeugen und den Kommandanten nachträglich erstellt, nachdem die Einsatztagebücher jedes Wasserwerfers schnell eingezogen bzw. abgegeben werden mussten. Aufzeichnungen waren unvollständig, keine Zeit gehabt, zur Nacharbeit.

Kommandant hatte 2-Meter-Funk, Digitalfunk war für Wasserwerfer-Besatzungen nicht zu hören.

Zeugen wird seine Aussage vom 28.12.10 vorgehalten, wonach er von Demonstranten gehört habe, dass es Schwerverletzte gegeben haben soll. Zeuge sagt dazu, dass er gegen 16:30 Uhr von einem Kommandanten darauf aufmerksam gemacht wurde, dass Demonstranten das Bild eines Schwerverletzten hoch gehalten haben. Er selbst wusste nichts von Verletzten und sagte dem Kommandanten zu, dass er sich schlau machen werde.

Hinter dem Wasserwerfer waren Gitter-LKW, Hebebühnen und Beleuchtungswagen.
Zeuge hat keine Angehörigen des Polizeipräsidiums gesehen.

Befragung durch Staatsanwalt Dr. Biehl
Zeuge und sein Stellvertreter Martin H. haben die taktische Gliederung gemacht.
Am 29.09. gab es eine Übung, ob es die Besatzungen in der Zusammensetzung gemacht haben, weiß der Zeuge nicht, er hat die Übungen vom Stellvertreter durchführen lassen müssen, weil er selbst andere organisatorischen Aufgaben erledigen musste für den 30.09.

Zeuge erklärt, dass der Rohrführer P. von Stellvertreter Martin H. ausgewählt wurde, dieser hat diesen geschult. Es bestand auch Personalmangel.

Zeuge war nicht bekannt, dass P. remonstriert habe und nicht auf den Einsatz nach Stuttgart mit wollte.

Zeuge wiederholt noch einmal, dass Reizstoffe nicht angeflanscht bzw. mit Sauglanze bestückt wurden.Die Reizstoffkanister sind immer verschlossen gelagert im Standort Biberach, werden nur in den Wasserwerfer gestellt im Einsatzfall.

Der Zeuge hat sich, nachdem die Vorwürfe auf Reizstoffbeimengung bekannt wurden, selbst durch Wiegeprotokollierung davon vergewissert, dass Reizstoff vollständig zurückgebracht wurde. „Ich habe dieses Wiegeprotokoll selbst veranlasst“.

Im Wasserwerfer 9000 ist eine völlig veraltete Dokumentationsanlage vorhanden, die aber nicht mehr genutzt wird. Wegen Geldmangel wurden diese Anlagen nicht erneuert, weshalb dann In Eigenregie entschieden wurde, Videos durch den Beobachter zu fertigen.

Der Kommandant regelt die Dokumentation mit dem Beobachter.
Wenn Werfer den Wasserdruck reduziert, muss er diese Maßnahme ansagen.
Als Staffelführer bekommt der Zeuge davon nichts mit.

Der Zeuge machte auch die Beratungsbegleitung für M.-B., er hat aber keine Erinnerung an konkrete Gespräche im Vorfeld darüber. Der Zeuge ist der Ansicht, dass M.-B. genügend Erfahrung mit Wasserwerfereinsätzen habe, beide waren in Ulm tätig.
Der Zeuge ging nie davon aus, dass solch schwere Verletzungen durch den Wasserwerfer hervorgerufen werden können.

Die Schüsse waren eine Mischform von Wassersperren und Wasserregen. Er hat sich keine Gedanken darüber gemacht, dass diese Planen reißen könnten.
Die Wassersperre im Bereich der Biertische war missglückt, Zeuge hat dies aber erst im Nachhinein auf Videos gesehen.

Befragung durch Verteidigung
In der Einsatzbesprechung am 28.09. wurden keine Alternativszenarien besprochen.
Zeuge erinnert sich daran, dass der Führungsstab der Urheber des Kommunikationsplans war. Richterin sucht den „grafischen Plan“ heraus, sie hat Plan 30.09., 10:45 Uhr vorliegen, dort steht Heck/Führungsstab. Zeuge erinnert sich, dass sein Plan vom 29.09., 17:00 Uhr stammte.

Zeuge würde mit einem Wasserwerfer nicht über Rohre, Bierbänke und sonstige Barrikaden fahren wegen Ölleitungen, Ölwanne etc. Dafür ist der Wasserwerfer nicht ausgelegt.

Wasserwerfer 1 hatte Plattfuss durch ein Projektil, das im Reifen steckte auf der rechten Seite.

BW-Modell bedeutet den schnellen Abzug einer Polizeikette zwischen Wasserwerfer und Demonstranten und sofortigem Einsatz einer Wassersperre.

Befragung durch Rechtsanwältin Röder
Dem Zeugen wurde lediglich bekannt gemacht, dass im Schlossgarten ein Bereich abgesperrt wird, um Bäume zu fällen. Wasserwerfer sollten Baufeld absichern um Personal einzusparen.

Für den Zeugen war das ein reiner Objektsicherungsauftrag, deshalb hatte er keine Nachfragen. Von der Schülerdemo war nie die Rede. Der Zeuge sagte ausdrücklich, dass der Wasserwerfer-Einsatz mehr als Drohgebärde verstanden habe.
Es gab keine Alternativszenarien, die besprochen wurden mit ihm.

In Böblingen hat sich der Zeuge durchfragen müssen, es herrschte dort Chaos. Der Zeuge hat sich darüber aber keine Gedanken gemacht.

Übungen sollten regelmäßig stattfinden, mindestens 1 x im Monat. Wie oft das gemacht wurde vor seiner Zeit, weiß er nicht

Nochmals betont, dass er von der Schülerdemo keine Ahnung hatte.

Um 14:30 Uhr gab es nochmals eine Lagebesprechung. Der Druck auf die Polizeigitter nahm stetig zu. Hierbei kam es zu der Aussage von M.-B. wegen Duisburg. Stumpf und Häussler hat der Zeuge nicht gesehen. Zeuge räumt dann ein, er hätte sie auch nicht erkannt, da nicht wusste, wie die Herren aussehen. Außerdem sollen die in zivil gekleidet gewesen sein, da hätte er sie sowieso nicht beachtet.

Aufgrund der Aussage des ihn im Ermittlungsverfahren verhörenden Staatsanwaltes, dass wenn Reizstoff eingesetzt worden wäre, sie jetzt nicht hier säßen, hat der Zeuge beim nächsten Einsatz der Wasserwerfer in Heidelberg ABC-Masken einpacken lassen.

In den letzten Jahren seien die Verletzten des 30.09.2010 immer wieder Gesprächs- und Diskussionsthema. Trend, „die hätten ja gehen können, dann wäre nichts passiert“. Es gab insgesamt 53 Durchsagen.

Befragung durch Rechtsanwalt Friedel
Die IKK Classic hat sich beim Zeugen mit Schadensersatzforderungen gemeldet. Er wundert sich bis heute, wie die an seine Privatadresse herankommen konnten. Er hat diese an seine Dienststelle verwiesen und seither nichts mehr gehört.

Bei der Nachfrage nach der Anzahl der abgeleisteten Übungen, stotterte der Zeuge ein wenig herum, musste dann einräumen, dass von 1 x im Monat nicht die Rede sein könne. In den Sommermonaten fallen diese Übungen aus, weil viele im Urlaub sind. Besatzungen nicht immer vollständig vor Ort.

Er hat keine konkrete Kenntnis über die Übung am 29.09., er hat diese an seinen Stellvertreter Martin H. delegiert, er war nicht dabei, ein Protokoll darüber existiert nicht.

Es gab nur eine Nachbesprechung in Biberach als die Staffel wieder zurück war. Eine Aufarbeitung in dem angefragten Sinne, gab es nicht.

Es gab eine Besprechung in Biberach mit Baumann, der gesagt hat, sie müssen sich keine Sorgen machen, sie hätten alles richtig gemacht. Besprechung fand ca. 2/3 Wochen nach dem Einsatz statt.

Außer dieser Besprechung mit Baumann gab es nichts.

Befragung durch Rechtsanwalt Mann
Dem Zeugen ist nur vom Papier her bekannt, dass Stumpf der Gesamteinsatzleiter war. Zeuge kannte Stumpf aber nicht.

Der Zeuge hat keine Hustenanfälle bei den Demonstranten gesehen.
Mit Reizstoff wird nicht geübt. Dieser wird einmal jährlich technisch überprüft, das genügt.

In Biberach standen 5 Wasserwerfer, einer war allerdings nur noch Ersatzteillager für die anderen, außerdem wäre nicht genügend Personal für 5 Wasserwerfer vorhanden. Eine Vorschrift, dass ein einsatzfähiger Wasserwerfer zurückgelassen werden muss, kennt Zeuge nicht.

Betankte Fahrzeuge sind schwer und damit langsamer. Üblicherweise wird ein Wasserwerfer mit 1500 Liter Wasser transportiert. Eine Fahrt mit Vollladung ist eher unüblich.

Zeuge weiß nicht mehr genau, weshalb er den Helm dann irgendwann aufgesetzt hatte, er geht davon aus, dass es wegen umher fliegenden Gegenstände war. Ohne Grund setzt er sich keinen Helm auf.

Frage nach Auftragswechsel. Herr Mann wollte wissen, ob der Zeuge diese Entscheidung alleine getroffen hätte.

Frage wurde zweimal wiederholt und jeweils mit „Ich kann das nicht beantworten“ beantwortet.

Befragung durch Rechtsanwalt Müller
Zeuge kennt M.-B. von gemeinsamen Einsätzen. In Heiligendamm war der Zeuge in Rostock beim dortigen Führungsstab eingesetzt.
Aus dem Ulmer Wasserwerfereinsatz sind ihm keine Verletzten bekannt.

Dem Zeugen wurde in Böblingen ein Handy ausgehändigt. Damit hat er zum einen Hundertschaftsführer angerufen und um beschleunigte Anfahrt gebeten. Zum anderen hat er ein Ersatzrad in Biberach damit angefordert.

Der Zeuge hat keine Erinnerung mehr, wer ihm das mit dem Bild mit dem Verletzten mitgeteilt hat. Er selbst hat das Bild nicht gesehen. Er wurde darauf nach der letzten Wasserabgabe angesprochen.

Nach Wassereinsatz bei den Bierbänken sei er auf den Wasserwerfer gestiegen, Wasserabgabe war da aber beendet.

Erste Wasserabgabe war vom Feldherrenhügel gut zu sehen. Um 13:40 Uhr war keine Sicht auf das Geschehen vom Feldherrenhügel möglich.

Befragung durc Sachverständiger
Zeuge H. hatte am 30.09. keinen Staffelführerlehrgang. Lehrgang dauert lange und kostet viel Geld. Auch würden Lehrgänge nur von der Bundespolizei angeboten und diese würden auch immer wieder wegen mangelnder Teilnahme abgesagt.

Das Gutachten zu den Verletzungen durch Wasserwerfer war dem Zeugen am 30.09. nicht bekannt. Erst hinterher von F. erfahren, dass es da ein Gutachten dazu gibt. [Anm. unklar, ob F. das Gutachten hat].

Der Zeuge an 2001 bis 2002 am eigenen Leib Erfahrungen mit dem Wasserwerfer bei Übungen gemacht.

Vorgesehen waren 2 Wasserwerfer mit vier Besatzungen, deshalb gingen auch 4 Wasserwerfer mit den 4 Besatzungen.

Eine zweite Wasserwerferstaffel aus einem anderen Bundesland wurde nicht angedacht.
Wassersparen möglich durch Umstellen von Wasserregen auf Wassersperren (kurz).

Es gab keine Absprachen, dass versucht werden soll, die Planen wegzuziehen, alle Versuche, die Planen wegzuziehen seien gescheitert.

Immer persönliche Absprachen mit allen wegen fehlendem Funk.

Rechtsanwältin Röder – Nachfragen
Es war insofern besonders, dass M.-B. und F. normale Dienstkleidung an hatten, da ein Einsatzanzug einfach praktischer ist. Wie Arbeitsanzug für Bauarbeiter.

Zeuge hat keinen Vorschlag unterbreitet, Reizstoff einzusetzen, er habe lediglich darauf hingewiesen, dass bei einem eventuellen Einsatz dieser angeschlossen werden muss.

Der Zeuge hat während des Einsatzes nicht darüber nachgedacht, wie der Wasserwerfer auf Menschen einwirkt.

Protokolle waren unvollständig und mussten gleich nach Beendigung des Einsatzes direkt an Polizeipräsidium abgegeben werden. Uhrzeitangaben sind unterschiedlich, konnten nicht abgeglichen werden.

Es gab keine Begründung, weshalb die Protokolle so schnell abgegeben werden müssen.
Im November 2011 fand eine Besprechung mit den Wasserwerferbesatzungsmitgliedern statt, gegen die ermittelt wurde zusammen mit StA Biehl. Außer F. waren alle dabei.

StA erklärte die Vorgehensweise und riet an, sich nach anwaltlichem Beistand umzusehen. Es gab dann keine weiteren Gespräche mit StA Biehl. Am 04.11.2011 wurde Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Auf Nachfrage Friedel teilte der Zeuge mit, dass er am 03.04.2012 bei der Beschuldigtenvernehmung das erste Mal belehrt wurde.
F. sagte zum Abschluss, dass weder Walz noch Stolz mit Zeugen gesprochen haben.

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KONTEXT Artikel: Die guten Tipps vom Staatsanwalt Biehl
der vierzehnte Verhandlungstag
Ausgabe 179 vom 03.09.2014 - Update 04.09.2014